Gedanken zur Konzertreihe
Im April 2020 hatte ich die Möglichkeit, „die stille Stunde“ in der Erlöserkirche wahrzunehmen. Ich war allein und genoss die leise Musik, die brennenden Kerzen und das wunderschöne Rot, in das das Kreuz im Altarraum getaucht war.
Ansonsten kannte ich den Kirchenraum nur – von Klängen belebt – als Dirigentin großer Chorwerke, die ich hier mit dem Ama-Deus-Chor Witten aufführen durfte. Nun saß ich da, zündete eine Kerze an und ließ mich von der Schönheit des Raumes berühren.
Eine traurige Betroffenheit über die Zeit in der wir leben überkam mich. Ich begann über die Stille nachzudenken. Der Unterschied zwischen einer selbst gesuchten und einer von außen aufgezwungenen Stille wurde mir schmerzlich bewusst.
Wird es uns Menschen in der Zukunft noch vergönnt sein, vereint zu sein im Lauschen der Musik? Darf der Mensch weiterhin seine Stimme erheben, um die Schöpfung zu preisen? Noch im Juni wollten wir Haydns „Schöpfung“ mit Chor und vielen Kindern erklingen lassen und das wurde uns genommen.
Schon 1961 beschrieb Rachel Carson in ihrem Buch „Der stumme Frühling“ von einem drohenden Verstummen des Gesanges der Singvögel, weil zu viele Menschen die Achtung vor der Schöpfung verloren hatten. Könnte es sein, das auch den Menschen nun ein Verstummen drohe, weil er nicht dazulernen will? Weil er, um mit Goethe zu sprechen, die drei Ehrfurchten vernachlässigt, nämlich die Ehrfurcht vor dem was über uns ist, die Ehrfurcht vor dem was neben uns ist und die Ehrfurcht vor dem was unter uns ist.
Meine Gedanken gingen auch zu all den fantastischen Musikern und Solisten, mit denen ich seit vielen Jahren musizieren durfte. Wie ist es ihnen wohl ergangen seither? Wie kommen sie finanziell durch diese schwierigen Zeiten?
In mir erregte sich Unwillen, das Verstummen einfach so hinzunehmen.
Da leuchtete die Idee in mir auf, eine kammermusikalische Sonntags-Reihe als Zeichen gegen das Verstummen hier in der Erlöserkirche zu etablieren. Zudem bekämen zumindest einige der Musiker die Möglichkeit aufzutreten. Mein Plan wurde von der Gemeinde sehr begrüßt und gewollt! Man entschied sich großzügig, keine Miete für diese Konzerte zu nehmen, damit alle Einnahmen den Musikern zuteilwerden können.
So spreche ich der Ev. Kirchengemeinde Annen und dem Pfarrersehepaar Sabine Maiwald-Humbert und Claus Humbert meinen herzlichen Dank aus.
Ich hoffe, liebe Musik-Liebende, dass Sie sich für die Idee einer Sonntags-Konzert-Reihe genauso begeistern können wie wir Musiker. Fühlen Sie sich herzlich eingeladen zu diesen kulturellen Leckerbissen bei uns in Witten. Hervorragende Künstler und die wunderbare Atmosphäre der Erlöserkirche erwarten Sie!
Ich freue mich auf Sie und Euch!